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Aus Hartz IV in die Arbeit zurück: Wie gut sind die Chancen?

Das Arbeitslosengeld II, seit der„Agenda 2010“ meist als Hartz IV bezeichnet, ist als Reform des Arbeitsmarkt so umstritten wie noch nie zuvor. Der Ruf nach Abschaffung oder zumindest grundlegender Reform wird immer wieder in die politische Diskussion hochgespült. Grund hierfür ist, dass mit der Zeit verschiedene Nachteile der Reform immer deutlicher wurden, denn die beim Start sichtbaren Vorteile des Programm haben sich in real spürbare Mängel verwandelt.

Die so griffig benannte Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe ist ja zunächst als eine Grundsicherungsmaßnahme gedacht gewesen – und ist im Grunde genommen für Bedürftige gedacht. Damit soll der entsprechenden Zielgruppe eine hinreichende Existenz möglich gemacht werden. Doch Hartz IV wird eben nicht nur Arbeitslosen gezahlt, sondern auch Menschen, die gering beschäftigt sind. Liegt der Lohn unterhalb dem Hartz IV-Niveau, so wird das Gehalt vom Arbeitsamt auf Hartz IV aufgestockt. Doch das kann natürlich nicht das Ziel einer Maßnahme gegen Arbeitslosigkeit sein – die Perspektive soll eine andere sein: Zurück in die Arbeit, eigenes Geld verdienen, das reicht den Lebensunterhalt zu bestreiten.

Leider ist sind viele Menschen schon sehr lange in solchen Hartz IV-Maßnahmen und es fällt ihnen zunehmend schwer in eine „normale“ Arbeitssituation zurück zu finden. Gerade bei den Debatten um die Wiedereingliederung solcher Langzeitarbeitslosen wird häufig argumentiert, dass Zeitarbeit dafür besonders geeignet sei. Zum einen können sich Erwerbslose auf diese Art (wieder) an einen geregelten Arbeitsalltag gewöhnen – zum anderen durch wechselnde Arbeitsorte und Aufgaben diverse Referenzen einsammeln. Und natürlich erhoffen sich viele Zeitarbeiter zudem eine Übernahme in ein Unternehmen. Abgesehen davon macht die Annahme einer Zeitarbeit allgemein sicher nicht nur einen guten Eindruck beim Jobcenter, sondern führt zur Anerkennung, gesellschaftlich und im sozialen Umfeld.

Zeitarbeit und Hartz IV: Welche Rolle spielen Jobcenter und Bundesagentur für Arbeit?

Eine große Rolle spielt die Zeitarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) und seinen Agenturen. 2018 wurden 30 Prozent der Personen, denen die BA einen neuen Job besorgte, an Zeitarbeitsfirmen vermittelt. Das lässt sich klar als Beleg für die Bedeutung dieser Branche bei der Arbeitsmarktintegration von Jobsuchenden deuten. Fairerweise muss man aber klar stellen, dass die BA einen hohen Druck auf die Arbeitslosen ausübt und damit die Zeitarbeitsvermittler in eine schwierige Rolle drängt.

Die Zahlen zeigen das Dilemma recht deutlich: Im ersten Halbjahr 2018 hatte von den knapp 780.000 beendeten Beschäftigungsverhältnissen bei Zeitarbeitsfirmen ein Viertel leider nicht einmal einen Monat gedauert. Weniger als ein halbes Jahr war es bei insgesamt 59 Prozent der Fälle. Zwar wurden etliche dieser Beschäftigten übernommen, jedoch beträgt dieser „Klebeeffekt“nach Expertenschätzungen maximal 30 Prozent.

Die Zeitarbeitsunternehmen sind also ganz klar ein Motor der Wiedereingliederung, haben aber eben auch mit einer komplexen Struktur der potenziellen Arbeitnehmer zu leben. So groß die Bemühungen der Zeitarbeitsvermittler an dieser Stelle auch sind, so muss man fairerweise auch sagen, dass die Chancen viel mit den Voraussetzungen und mit den betroffenen Menschen zu tun haben. Leider ist die Leiharbeit daher an so mancher Stelle eben nur eine vorübergehende Unterbrechung der Arbeitslosigkeit, wenn die Zeitarbeiter nicht auch die durchweg guten Chancen auf eine berufliche Zukunft wahrnehmen. Auch das gehört zur Wahrheit.

Foto: Marcus Klepper